Wasserfarben Welle
Carla Muche
Junior Communication Managerin
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5 min
Lesezeit

Projektupdate Totes Moor

Anni, Corinna und Carla im Moor

Letzte Woche Dienstag haben wir das Tote Moor in der Nähe von Hannover besucht.  Auf holprigen Moorstraßen ging es zu einer für uns wichtigen Moorfläche der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM), deren Renaturierung wir mit unserer Mission to Marsh unterstützen. Wir wollten wissen, was die dortigen Torfmoose derweil so treiben. Wir haben Corinna Roers, die Projektleiterin getroffen, mit der wir uns zunächst die langen eindrucksvollen Torfmoostische angeschaut haben. Auf den Tischen wachsen die kleinen Wunderpflanzen, die für den Naturschutz im Hochmoor essentiell, aber aktuell noch sehr rar sind. Natürlich konnten wir es uns auch nicht nehmen lassen, in die Fläche zu gehen, die aktuell renaturiert wird. Mit Torfmoosen in allen möglichen Formen und Farben, einer orangfarbenen Moorbahn und viel spannendem Fachwissen hatten wir einen erfolgreichen Ausflug in das Tote Moor.

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Torfmoos-Anzuchttische der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer

Ihr dachtet, Moose sehen immer grün und so schön flauschig aus? Dann ist das definitiv nur die halbe Wahrheit. Im Moor tummeln sich allerlei verschiedene Moose und anderen coole Pflanzen. Von Sphagnum palustre (Sumpf-Torfmoos) über Sphagnum cuspidatum (Spieß-Torfmoos), Rhynchospora alba (Weißes Schnabelried) und Vaccinium oxycoccos (Gewöhnliche Moosbeere) haben wir quasi ein wissenschaftliches Moosparadies entdeckt. Rhynchospora alba oder auch Schnabelried genannt, spielt zum Beispiel trotz seiner Unscheinbarkeit eine wichtige Rolle bei der Renaturierung im Hochmoor. Als Pionierpflanze ist sie neben den Wollgräsern eine der Ersten, die Torfböden nach der Abtorfung wieder besiedeln und dichte Bereiche bilden, wo sich wiederum Torfmoose ausbreiten können. Ganz im Gegensatz zum Schnabelried verbreitet sich das Torfmoos Sphagnum cuspidatum meisterhaft effizient. Jede offene Lücke nutzt es für sich, um sich dort auszubreiten und schimmert in einer auffälligen, hellgrünen Farbe. 

Das Tuckern der alten Moorbahn

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Moorbahn fährt durch das Naturschutzgebiet

Nachdem wir aus dem Staunen über das Wachstum der Moose auf den Anzuchttischen kaum mehr rausgekommen sind, wollten wir uns noch ein Bild davon machen, wie es auf der Renaturierungsfläche aussieht. Dafür sind wir ca. 10 Minuten mit dem Auto zu den Projektflächen in das Naturschutzgebiet gefahren. Auf dem matschigem, dunklem Moorboden mussten wir entlang der mit Moos bewachsenen Schienen der alten Moorbahn laufen. Auf den ersten Blick erweckte es den Eindruck, dass das gleichmäßige Tuckern der Moorbahn der Vergangenheit angehört. Alex ist gerade noch ins Fotografieren vertieft, da ruft Anni plötzlich: “Alex, die Moorbahn kommt!”. Der Fahrer steht lässig angelehnt vorne und grüßt uns während der ganze Boden um uns herum zu vibrieren beginnt. Definitiv ein kleines Highlight! Noch fährt die Moorbahn, um Torf zu transportieren, aber sobald die Fläche großflächig renaturiert bzw. mit Torfmoosen beimpft* werden kann, holen sich die Moose die Fläche zurück.

*Beimpfen nennt man den Vorgang, wenn man die Torfmoose auf die abgetorften Flächen ausbringt, um deren Wiederansiedlung zu ermöglichen. 

Hochmoorfläche mit Torfmoos
Etwa vier Jahre alte renaturierte Moorfläche mit inzwischen bis zu 10 cm dicken Moos-Teppichen

Am Rande der gewöhnlichen Wahrnehmung

Östlich der Moorbahn ist eine braune karge Wüstenlandschaft. Seit ein paar Jahren wird hier zwar kein Torf mehr abgebaut, aber ohne Renaturierungsmaßnahmen wird sich hier auch kein naturnahes Hochmoor mehr bilden können. Der Grund dafür ist, dass es sich um einen Moor-Randbereich handelt, wo der Boden schon zu sehr ausgetrocknet ist, um wieder Wasser speichern zu können. Westlich von den Schienen liegt die vor vier Jahren renaturierte Moorfläche. Dort wachsen mittlerweile dichte, bis zu 10 cm dicke, feuchte Moosteppiche. Grün-rötlich schimmernd, sehen die Moose von weitem jedoch recht unscheinbar aus. Moose erhalten ihre wahre Entfaltung erst bei genauerer Betrachtung. Aber dann lassen diese besonderen Pflanzen uns, wie die Autorin Robin Wall Kimmerer in ihrem Buch “Das Sammeln von Moos” schreibt: “Für einen kurzen Augenblick am Rande der gewöhnlichen Wahrnehmung verweilen”. 

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Nahaufnahme von Sphagnum cuspidatum (Spieß-Torfmoos)

Moose: Zwischen Leben und Tod

Die Fläche ist aktuell gut durchnässt, weil es viel geregnet hat. Für den Moorschutz ein wahrer Segen. Zu viel Nässe ist jedoch auch nicht gut für die Moose. Denn während sie Trockenheit über lange Zeit hinweg überleben können, können sie den Wasserüberstau nur eine kurze Zeit überleben. Daher ist die Kontrolle des Wasserstandes maßgeblich für eine sichere Etablierung der Torfmoose. In der Fläche soll demnächst eine Pumpe installiert werden, um das Wasser bei Bedarf in die entsprechenden Flächen zu über- oder abzuführen, erklärt uns Corinna. Über der Wasseroberfläche und ohne Zugang zu Wasser verfärben sich trockene Torfmoose weißlich. Dann sehen sie aus wie winzige Skelette. Tatsächlich stammt daher auch der Name der Moose “Bleichmoose”. In diesem Zustand sind sie allerdings alles andere als tot, denn Torfmoose können einen Zustand zwischen Leben und Tod erreichen. Sobald sie wieder in Kontakt mit Wasser kommen, beginnen sie wieder Photosynthese zu betreiben und erhalten ihre kräftig grüne Farbe zurück. Also schnell zurück ins Wasser mit dem kleinen Torfmoos! Wie lange denkt ihr, können Torfmoose im trockenen Zustand überleben? Die Auflösung dazu gibt´s nächste Woche. 

Nach der erfolgreichen Besichtigung sind wir noch einige Minuten in ein Gespräch vertieft, als Corinna zögerlich fragt, “Findet ihr alleine wieder raus?”. Sie möchte noch ein paar Untersuchungen auf der Versuchsfläche machen. Alex antwortet selbstsicher: “Na klar, wir haben es schließlich aus den Mooren von Kanada bis Patagonien geschafft, das kriegen wir schon hin.”

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