Wir starten eine neue Blogserie zu Mission to Marsh! Hier teilen inspirierende Menschen ihre Geschichten, Erfahrungen und Perspektiven rund um den Schutz und die Renaturierung von Mooren. Den Anfang machen Lena und Robin von Objektivwechsel – zwei Menschen mit einer Leidenschaft für Fotografie und Film, die euch mit ihrer Reise um die Welt für den Naturschutz begeistern werden.
Wetlands of Yucatan: Ein Naturparadies zwischen Geschichte und Bedrohung
Über 100 Millionen Besucher kommen jedes Jahr nach Mexiko, um die Halbinsel Yucatán zu besuchen. Doch kaum einer kennt die Verbindung zwischen der einzigartigen Natur und der Kultur der mexikanischen Halbinsel.
Als wir im Landeanflug auf Cancun sind, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr raus. Man sieht nichts außer Wälder – die ganze Landschaft erscheint grün. Aus anderen Ländern, in denen wir bis jetzt gewesen sind, waren wir das nicht gewohnt. Doch je näher wir diesen Wäldern kommen, desto weniger scheinen sie noch diese Unberührtheit zu besitzen. Je weiter wir uns Cancun nähren, desto mehr wächst in uns die Vorstellung wie wunderschön und unberührt dieser Ort gewesen sein musste, als es Cancun, die ewiglangen Hotelketten und die Infrastruktur vor Ort noch nicht gegeben hat. Cancun ist ein Negativbespiel dafür, wie schnell sich Landschaften verändern können, denn Cancun wurde erst 1970 gegründet und ist somit eine sehr junge Stadt.

Die meisten Tourist:innen kommen wegen der malerischen Strände und der antiken Maya-Ruinen auf die Halbinsel Yucatan. Doch diese unberührten Strände und dichten, weitreichenden Mangrovenwälder, die zuvor Jahrhunderte durch die Mayas beschützt wurden, gibt es hier größtenteils nicht mehr. Ein Grund mehr zu verstehen, was die Besonderheiten der Kultur und der Natur hier vor Ort sind.
Ein Schatz im Untergrund
Die Halbinsel ist besonders. Nicht nur wegen der Maya-Stätten, sondern auch wegen seiner Natur. Alles, was man sieht, ist Wald. Es gibt keine Bäche oder oberirdische Flüsse. Da stellt sich einem die Frage, wie diese Halbinsel so grün sein kann, wenn es keine Flüsse gibt? Die Antwort darauf ist einfach, denn es gibt sie. Sie verlaufen nur nicht oberirdisch, sondern unterirdisch.
Dieses unterirdische System ist weit verzweigt und sehr komplex. Zwei der bekanntesten Flusssysteme sind Sac Actun und Dos Ojos. Sac Actun ist mit 378 km sogar das zweitlängste Unterwasserhöhlensystem der Welt. Diese Flusssysteme hatten für die Maya eine sehr große Bedeutung, denn sie dienten ihnen als Trinkwasserquellen, Handelswege und stellten heilige Orte für sie dar. Das Wasser formte im Laufe der Zeit ein wahres Kunstwerk aus unterirdischen Höhlen und Karsthöhlen, die als Cenoten bekannt sind. Alleine im Sac Actun-System gibt es 228 dieser Höhlen, die die Unterwasserwelt mit der Oberfläche verbinden.

Sac Actun stellt zudem eine der bedeutendsten archäologischen Unterwasserstätten der Welt dar – sie erzählt die Geschichte einer ausgestorbenen Fauna und der Maya Kultur. Durch diese Unterwassersysteme konnten eine Vielzahl von Entdeckungen gemacht werden. So war Yucatan zum Ende der Eiszeit sehr wahrscheinlich noch nicht von Urwald bedeckt. Es gab auch keine oberirdischen Flüsse oder Seen. Durch den kalkhaltigen und stark verkarsteten Untergrund sowie dem tief liegenden Grundwasserspiegel floss das Wasser unterirdisch ab, wodurch im Laufe der Zeit ein Unterwasserlabyrinth mit einer Länge von 1400 km entstanden ist.
Die tiefe Verbundenheit der Maya mit der Natur
Die Natur war für die Maya eines der wichtigsten Dinge in ihrer Kultur. Sie richteten ihr Leben, ihre Architektur und ihren Glaube nach ihr aus. Eine ganz besondere Bedeutung hatten für sie die Feuchtgebiete und die unterirdischen Flusssysteme der Region. Für sie waren Cenoten mehr als nur Karsthöhlen. Für sie waren sie ein heiliger Ort, der ihre Existenz durch Trinkwasser sicherte und gleichzeitig in ihrem Glauben die Eingänge zur Unterwelt, der „Xibalbá“, darstellten.
Chichén Itza ist ein akustisches Wunder – auch wenn man nicht weiß, ob das Echo, das beim Klatschen am Fuße der Stufen entsteht, Zufall oder Absicht ist. Ist es doch erstaunlich, dass dieses dem Zwitschern des Quetzal-Vogels so sehr ähnelt, welcher den Maya heilig gewesen ist.

Vor kurzem haben Forscher sogar entdeckt, dass unter dem Haupttempel in Chichén Itza ein unterirdischer See in einer Höhle liegt, die bis zu 35 m lang und über 20 m hoch sein soll. Wenn man durch die Wälder und Tempel in Chichén Itza läuft sollte man die Komplexität dieses Ortes verstehen und nicht nur einen schnellen Blick auf die Hauptpyramide werfen. Die Ausdehnung der Stätte, die Verbundenheit der Tempel mit der Natur und die Vorstellung, wie dieser Ort vor Jahrhunderten gewirkt haben muss, lässt sich nur sehr schwer in Worte fassen.
Von der Vergangenheit in die Gegenwart
Feuchtgebiete und Mangrovenwälder spielen eine entscheidende Rolle im Ökosystem von Yucatan und in der Lebensqualität jeglicher Bewohner:innen – seien sie menschlich oder tierisch. Diese Gebiete verfügen über lebenswichtige Ressourcen wie Nahrung und Wasser und schützen gleichzeitig die Menschen vor Überschwemmungen und Hurrikans. Feuchtgebiete sind ein Paradies für Flora und Fauna und tragen zu einer ausgeprägten Biodiversität bei.
Durch zunehmende und weiter anhaltende Abholzungen, Verschmutzungen und Urbanisierung werden diese Gebiete jedoch immer stärker bedroht und zerstört. Ein weiterer entscheidender und kritischer Faktor ist der zunehmende Tourismus auf der Halbinsel. Besonders gefährdet sind hier insbesondere die Küstengebiete, an denen immer mehr Luxusresorts und Hotels gebaut werden, wodurch Mangrovenwälder zerstört werden. Das hat zur Folge, dass das natürliche hydrologische Gleichgewicht weitreichend geschädigt wird und der Schutz dieser Gebiete weiter erschwert wird. Die unterirdischen Flusssysteme sind Süßwasserquellen. Durch Zerstörung der Küstenregionen gelangt mehr Salzwasser in diese Süßwassergebiete und zerstört diese immer weiter.
Ein weiteres Problem ist die Müllverschmutzung. An viel belebten Orten entsteht in der Regel viel Müll. Wenn man in Cancun an den Mangrovenwäldern vorbeispaziert, ist es erschreckend, wie viel Müll alleine in den Randbereichen zu finden ist, was den Gewässern und der Tierwelt schadet.

Der Tourismus spielt somit auf Yucatan eine entscheidende Rolle und stellt einen enormen Einflussfaktor beim Schutz der Gebiete dar. Ökotourismus ist in diesen Gebieten so bedeutend und entscheidend wie noch nie, um mehr Bewusstsein für die Bedeutung dieser Gebiete in der Vergangenheit, in der Gegenwart und für die Zukunft zu schaffen. Dadurch wird mehr Respekt für die Kultur der Maya geschaffen, die Natur und die Einwohner geschützt und dieses Paradies für Flora und Fauna aus diversen Vogelarten, Reptilien und Insekten sowie Krokodilen, Jaguaren und Brüllaffen in Zukunft erhalten.
Knapp 30.000 Hektar der Mangrovenflächen in Yucatan sind bereits degradiert und verloren, das sind riesige Flächen und entspricht knapp 30 % der gesamten Mangrovenflächen in Yucatan.
Fazit
Wollen wir die Kultur der Maya respektieren und bewahren, diese Paradiese schützen und wiederaufbauen sowie eine lebenswerte Umgebung schaffen, dann ist ein Bewusstsein für die Schönheit und die Bedeutung dieser Gebiete notwendig. Vielleicht sieht man Chichén Itza nicht nur als eines der 7 neuen Weltwunder, sondern als Bindeglied zwischen Natur und Kultur und als Zeitreise, die jeden Besucher und jede Besucherin an einen anderen Ort bringt.