Wasserfarben Welle
Carla Muche
Junior Communication Managerin
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Das EU-Renaturierungsgesetz

offene Moorlandschaft

Am 27. Februar 2024 hat das Europäische Parlament für das EU-Renaturierungsgesetz (Nature Restoration Law) abgestimmt. Das sind gute Nachrichten für den Planeten, denn 80% der europäischen Lebensräume sind in einem schlechten Zustand. Welche Bedeutung hat die Abstimmung für das EU-Renaturierungsgesetz für den Naturschutz in Deutschland und die Wiedervernässung von Mooren? 

Gute Nachrichten für den Planeten

Darüber haben Jutta Paulus – Mitglied des Europäischen Parlaments, Jan-Niclas Gesenhues – Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär im Umweltministerium und Dr. Franziska Tanneberger – Greifswald Moor Centrum gemeinsam gesprochen. Hier sind die wichtigsten Informationen aus dem Webinar zusammengefasst.

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Unser Gespräch in 2023 mit Jutta Paulus – Mitglied des Europäischen Parlaments in Brüssel

Was ist das Nature Restoration Law?

Das Nature Restoration Law hat das Ziel, bis 2030 mindestens 20% der Land- und Meeresflächen in Europa sowie alle Ökosysteme in schlechtem Zustand bis 2050 wiederherzustellen. Es verlangt von den EU-Mitgliedstaaten die Erstellung nationaler Maßnahmenpläne und die Entwicklung von Naturschutzgesetzen für Lebensräume außerhalb des Natura-2000-Netzwerks. Die EU soll dabei eine Vorreiterrolle beim Schutz und der Wiederherstellung der Natur übernehmen. Um die angestrebten Ziele zu erreichen, müssen die EU-Länder mindestens 30 % der betroffenen Lebensraumtypen bis 2030 in einen guten Zustand versetzen. Dieser Anteil soll bis 2040 auf 60 % und bis 2050 auf 90 % erhöht werden.

Warum ist das Gesetz so wichtig? 

  • Eindämmung der Klimakrise und Naturkatastrophen 
  • Schutz und Bewahrung der biologischen Vielfalt 
  • Ökosysteme widerstandsfähiger machen 
  • Schutz der Natur und der Ökosysteme bedeutet auch den Schutz der Menschheit 

Welche Bedeutung hat das Gesetz für Moore in Deutschland? 

Unterstützer:innen unserer Mission wissen, dass Moore wahre Superhelden für unser Klima, den Erhalt der Biodiversität und die Regulierung des Wasserhaushaltes sind. Das Nature Restoration Law macht Moorschutz nun zum europaweiten Gesetz – ein riesiger Schritt für die Moore. Eine Restaurierung der Moore ohne Wiedervernässung ist allerdings nicht möglich. 72% der Moorflächen werden landwirtschaftlich bewirtschaftet. Bis 2030 sollen mindestens 30% der landwirtschaftlich genutzten organischen Böden wiederhergestellt werden (mindestens ¼ sollen wiedervernässt werden) und bis 2050 50% (mindestens ⅓ sollen wiedervernässt werden). Für den Moor- und Klimaschutz ist es ein wahrer Segen, allerdings bereiten nasse Böden den Landwirt:innen Unsicherheiten und Sorgen für die Zukunft der konventionellen Landwirtschaft. 

Kurz erklärt…

Moore speichern Kohlenstoff in Form von Torf. Wenn ein Moor trockengelegt wird, reagiert der freigelegte Torf mit Sauerstoff (O2) aus der Luft. Dadurch wird der Kohlenstoff als CO2 freigesetzt und trägt als Treibhausgas zur Beschleunigung des Klimawandels bei. 

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Fläche eines Torfwerks in der Nähe von Osnabrück. Wenn der organische Boden derart offen und trocken ist, entstehen gigantische Mengen an CO2-Emissionen.

FAQ´s

Viele zerstörte Moore werden derzeit landwirtschaftlich genutzt: Welche Auswirkungen hat die Wiedervernässung dieser Böden für die Landwirtschaft? 

Die Wiedervernässung von Mooren schließt eine weitere produktive Nutzung der Flächen erstmal nicht aus. Es sei laut Franziska Tanneberger (Greifswald Moor Centrum) auch nicht zielführend, alle Flächen aus der Nutzung zu nehmen, da die Bewirtschaftung nasser Moore neue wichtige (Bau-)Materialien zur Verfügung stelle und zahle gleichzeitig auf den Klima- und Artenschutz ein. Die Wiedervernässung ist grundsätzlich freiwillig für Landwirt:innen und Privatbesitzende, weshalb es wichtig ist, (finanzielle) Anreize für die Wiedervernässung zu schaffen und den Landwirt:innen Chancen aufzuzeigen. Es müssen regionale Bewirtschaftungskonzepte entwickelt werden, um zu prüfen, welche Flächen für den reinen Naturschutz geeignet sind und bei welchen Flächen eine nachhaltige produktive Nutzung sinnvoll ist. 

Wie können nasse Moore bewirtschaftet werden und wie kann man als Landwirt:in damit Geld verdienen? 

Es gibt unterschiedliche Methoden: Paludikultur ist ein neuer Begriff für die produktive Nutzung auf wiedervernässten Mooren, wobei wichtige regulierende Funktionen erhalten bleiben. Beispiele für Paludikulturen sind der Anbau von Torfmoosen, Rohrkolben und Seggen oder die Beweidung mit Wasserbüffeln. Auch die Bewirtschaftung von Nasswiesen und -weiden stellt eine weitere Möglichkeit dar. Die Absatzmärkte für die entsprechenden Produkte sind gerade erst im Aufbau, daher ist eine entsprechende Honorierung in Form von Agrarsubventionen für Landwirt:innen essentiell. Bisher sind die Agrarsubventionen jedoch nicht auf wiedervernässte Böden ausgerichtet, sodass entwässerte Ackerböden einen höheren Wert haben als nasse Moore, obwohl diese so klimaschädlich sind (Quelle: Mooratlas, 2023). Daher ist es Aufgabe der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) die Agrarsubventionen richtig umzuverteilen. Franziska Tanneberger erklärt, dass entsprechende Förderprogramme entwickelt werden müssen, um entsprechende Honorierungen zu ermöglichen. 

Auch CO2-Zertifikate stellen eine Honorierungsmöglichkeit dar und seien definitiv sinnvoll, um Anreize zu schaffen, Moorflächen wieder zu vernässen. Für den freiwilligen Markt gäbe es das auch schon, bspw. die Moorfutures, deren Spenden in konkrete Klimaschutzprojekte investiert werden. Franziska Tanneberger betont jedoch, dass die Emissionen aus Mooren zunächst auf Netto 0 reduziert werden müssen und genau geschaut werden müsse, was verkauft wird. Die Honorierung anderer Ökosystemleistungen von Mooren, wie zum Beispiel die Filter-Funktion und damit sauberes Wasser, stellt weitere mögliche Zukunftsmodelle dar. Dafür müssen Nachweise geschaffen werden, um die Leistungen entsprechend zu messen und zu bewerten. 

Wie kann man sich die Umsetzung vorstellen? Wo kann man sich als Landwirt:in beraten lassen? 

Jan-Laut Niclas Gesenhues erklärt, dass das Nature Restoration Law einen stakeholderorientierten Prozess vorsieht. Die Kommunikation unter wichtigen Entscheidungsträgern sei daher entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung. Vor allem Landwirt:innen sollten miteinbezogen werden in der Erarbeitung lokal spezifischer Maßnahmen. Eine wichtige Rolle werde auch das Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz spielen, wo sich Kommunen z.B. über Förderprogramme informieren können. Landwirt:innen bekommen Beratungen bezüglich einer möglichen Umstellungen zum Beispiel auf Paludikultur über die Landwirtschaftskammern. Laut Franziska Tanneberger arbeite auch das Greifswald Moor Centrum daran, Fragen und Unsicherheiten aus der Öffentlichkeit zu beantworten und zu kommunizieren. 

Wie geht es weiter und welche Bedeutung hat das Nature Restoration Law für unsere Mission to Marsh?

Die Abstimmung für das europaweite Nature Restoration Law ein echter Erfolg für den Planeten und für Moore. Nun liegt bei der Bundesregierung und bei den Bundesländern die Verantwortung, das europaweite Gesetz in nationales Recht umzuschreiben und konkrete Maßnahmenpläne zu entwickeln. Wir arbeiten derweil daran, dass die Wiedervernässung der Moore dynamisch bleibt und ihr könnt auch dazu beitragen. 

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Moorbesuch von Alexander Kornelsen bei Matthias Schreiber vom NABU Osnabrück

Vielen Dank an Jutta Paulus, die als Mitglied des Europäischen Parlaments dazu beigetragen hat, dass das Nature Restoration Law in Kraft tritt. Vielen Dank auch an Franziska Tanneberger und Jan-Niclas Gesenhues, dass sie das Webinar mit ihrem Fachwissen unterstützt haben.

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